D.R. – Theaterkahn Dresden https://www.theaterkahn.de/blog Neues vor und hinter dem Vorhang der Brettl-Bühne Mon, 19 Mar 2018 09:31:50 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.3.18 Vereinsamt hadernd mit einem verhassten Instrument https://www.theaterkahn.de/blog/2017/kontrabass/ Sat, 02 Sep 2017 10:19:17 +0000 http://www.theaterkahn.de/blog/?p=793 Der Kontrabaß“ von Patrick Süskind]]> Peter Kube spielt in „Der Kontrabaß“ von Patrick Süskind auf dem Dresdner Theaterkahn

Von Christian Ruf, Dresdner Neueste Nachrichten vom 28. August 2017

Nein, er ist nicht neidisch, er hat nur einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn – und der sagt ihm, dass etwas gewaltig schiefgelaufen ist bei ihm im Leben. „Können Sie mir sagen, wieso ein Mann meines Alters mit einem Instrument zusammenlebt, das ihn permanent behindert?“, wendet er sich fragend ans Publikum, aber das bleibt stumm. Das Instrument, das ihn behindert, ist ein Kontrabass. Und es hängt in Holger Böhmes Inszenierung von Patrick Süskinds populärem Theatermonolog an der Decke – es schwebt wie ein Damoklesschwert über Peter Kube, der den einsamen, verbitterten Künstler spielt. 13 Jahre ist das jetzt her, dass Friedrich-Wilhelm Junge zuletzt den mäßig begabten Musiker gab, der sein Instrument und seinen Beruf aus tiefster Seele verabscheut – Zeit also für eine Neuinterpretation auf dem Theaterkahn. Die Zimmerebene wie auch das Fenster sind schief wie expressionistische Ufa-Filmkulissen aus alten Stummfilmzeiten (Bühne: Carsten Nüssler), man könnte es als Sinnbild für die Schieflastigkeit des Lebens dieses Kontrabassisten sehen.

Anfangs hatte das namenlose Tutti-Schwein, das aus Rache wie aus einem Anfall von Aufbegehren heraus im Konzert gern auch mal ein paar Noten unterschlägt (wie es überhaupt gängige Praxis im Graben ist, am „maßlos überschätzten“ Dirigenten „vorbei oder über hinweg zu spielen“), ja noch die Vorzüge des Kontrabasses gepriesen und die eigene Unersetzbarkeit im Orchester betont. Dann aber werden die anfänglichen Lobreden auf das sperrige Instrument immer widersprüchlicher und schlagen schließlich ins Gegenteil um: Es ist der pure Hass, der sich – geschuldet vielleicht auch dem zunehmendem Bierkonsum (der Griff zur Flasche erfolgt natürlich nur wegen des „Flüssigkeitsverlusts“) – Bahn bricht. Jedenfalls, was den Kontrabass angeht. Aber auch was die tiefen Gefühle und erotischen Fantasien betrifft, die die wesentlich jüngere Sopranistin Sarah in ihm wecken, macht sich der zutiefst gefrustete Musikus Luft, der davon überzeugt ist, dass er nicht so schlecht aussieht, wie er spielt.

Es sind nicht zuletzt die vielen kleinen Spitzen auf den Orchester- und Opernbetrieb („im Orchester gibt es keine Hoffnung, … gehen Sie nie in ein Orchester!“) sowie die Attacken auf zwei Säulenheilige des Bildungsbürgertums, die dem Stück seinen Reiz verleihen. Mozart? Überschätzt! Wagner? Dessen Partituren strotzen doch nur so von Fehlern und Ungereimtheiten! Zweimal fällt auch der Name Christian Thielemann, womit Kube und Regisseur Holger Böhme dem Dirigenten zwar einerseits Reverenz erweisen, andererseits aber auch lästern, schon weil Kube mit einem imaginären Taktstock fuchtelnd den Dirigenten bei der ersten Nennung als „Gastluftverteiler“ apostrophiert.

Kube kostet die tragische Komik des Stückes voll aus, begeht erfreulicherweise nicht den Fehler, dem Affen allzu viel Zucker zu geben. Nur ein oder zweimal verfällt er in Zwingertrio-Manier darauf, die erste Reihe durch den Kakao zu ziehen. Alles in allem gelingt es ihm gut, mit Tempi und Dynamik des Stücks geschickt und routiniert spielend, eine an sich eher unsympathische Figur so liebevoll zu zeichnen, dass man nicht umhin kann, sie verständnisvoll ins Herz zu schließen, einfach weil man sich in all den un(aus)gelebten Träumen wiedererkennt, auch wenn man eher nicht verzweifelt und vereinsamt ist.

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Mann über Bord II – Trailer https://www.theaterkahn.de/blog/2017/mann-ueber-bord-ii-trailer/ Tue, 16 May 2017 06:05:56 +0000 http://www.theaterkahn.de/blog/?p=789

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Die Grönholm-Methode – Trailer https://www.theaterkahn.de/blog/2017/die-groenholm-methode-trailer/ Wed, 04 Jan 2017 07:50:25 +0000 http://www.theaterkahn.de/blog/?p=782

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Von der mangelnden Kraft der Worte https://www.theaterkahn.de/blog/2016/fisch-zu-viert/ Wed, 30 Nov 2016 09:59:42 +0000 http://www.theaterkahn.de/blog/?p=770 Theaterkahn-Stammregisseur Peter Kube, seit drei Jahren zugleich Oberspielleiter der Landesbühnen Sachsen hat, wenige Tage übrigens vor seinem 60. Geburtstag, die erste Koproduktion der beiden Theater erfolgversprechend zur Premiere gebracht. Am Elbufer unterhalb der Katholischen Hofkirche, wie er gelegentlich zu sagen pflegt, gibt es Fisch, nicht nur im Restaurant Kahnaletto, sondern nebenan auch „zu viert“, absolut tödlich und hinreichend witzig serviert von Tom Quaas, mit Cornelia Kaupert, Anke Teickner und Sandra Maria Huimann nach Anleitung von Wolfgang Kohlhaase und Rita Zimmer.

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Wolfang Kohlhaases tiefschwarze Komödie „Fisch zu viert“ auf dem Theaterkahn

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In „Fisch zu viert“ dreht sich alles um Habgier und List: Tom Quaas, Sandra Maria Huimann, Anke Teickner und Cornelia Kaupert (v.l.). // Foto: Carsten Nüssler

Von Tomas Petzold, Dresdner Neueste Nachrichten vom 29. November 2016, Seite 8

Theaterkahn-Stammregisseur Peter Kube, seit drei Jahren zugleich Oberspielleiter der Landesbühnen Sachsen hat, wenige Tage übrigens vor seinem 60. Geburtstag, die erste Koproduktion der beiden Theater erfolgversprechend zur Premiere gebracht. Am Elbufer unterhalb der Katholischen Hofkirche, wie er gelegentlich zu sagen pflegt, gibt es Fisch, nicht nur im Restaurant Kahnaletto, sondern nebenan auch „zu viert“, absolut tödlich und hinreichend witzig serviert von Tom Quaas, mit Cornelia Kaupert, Anke Teickner und Sandra Maria Huimann nach Anleitung von Wolfgang Kohlhaase und Rita Zimmer. Die vielleicht schwärzeste aller „englischen“ Komödien (die Wirkung stellt sich möglicherweise erst nach Stunden ein) ist in Wahrheit ein deutsches Lust- und Trauerspiel, wurde 1968 erstmals aufgeführt fürs Radio unter dem Titel „Fisch zu viert – ein Moritatenbericht über eine höchst beklagenswerte Affäre im Jahre 1838 sowie im Märkischen bei Neuruppin“, wo man seinerzeit noch Arsen als Rattengift in der Apotheke kaufen konnte. Eine Hommage an Fontane, eine Parodie der bürgerlichen Komödie, in der die Gerechtigkeit in einem unerwartet allgemeinen Sinne siegt, ein Frustbewältigungsstück vielleicht auch, das nach einem gestoppten Defa-Filmprojekt folgte, ein trojanisches Pferdchen, historisch aufgesattelt, in dem menschliche Urinstinkte brodeln.

Ratten, wird Diener Rudolf behaupten, Ratten gebe es nicht in diesem Jahr im Sommerhaus der drei Schwestern Charlotte, Cäcilie und Clementine. Gerade so erreicht hat er es, schnaufend unter der Last dreier Lederköfferchen, in äußerst korrekter Dienstkleidung, aber schlecht rasiert, ersichtlich von Erkältung gezeichnet. Auch insgesamt fühlt er sich am Ende „nach zwanzig Jahren universeller Tätigkeit“, deren intimere Seiten jede der drei Schwestern fälschlicherweise allein zu genießen glaubt. Nun aber ist auch noch die Köchin erkrankt und er soll deren Job zusätzlich übernehmen, zu allem Überfluss Fisch für die Damen kochen, Fisch, den er so hasst…

Erstmal aber verschwindet er nicht in der Küche, sondern in Clementines Zimmer, hinter der Garten-Fototapete, mit der Tom Böhm den nicht einsehbaren Tatortbereich abgegrenzt hat. Da rumpelt es ordentlich und nur mit knapper Not entkommt Rudolf auf den einsehbaren, spärlich mit Gartenmöbel ausgestatteten Schauplatz, zwei Wandschränkchen nicht zu vergessen, hier die Hausapotheke, da der nur für Rudolf bestimmte Likör. Nach vollbrachter Dienstleistung ist Clementine (Huimann) die erste, der Rudolf seinen Ausbruchs- und Weltreisewunsch beichtet, den er sich durch vorzeitige Inanspruchnahme des ihm versprochenen Erbes erfüllen möchte. Freilich, ganz allein, ohne die vermeintlich einzige Geliebte, was natürlich jedwedes Entgegenkommen zunichte macht. Für die anderen „Fräuleins“ und deren bevorzugte Liebesspiele fehlt es offenbar schon an Lust und/oder Manneskraft, ansonsten läuft es ganz ähnlich: Der Frust ist gegenseitig, die jeweils folgende Erpressung mit allgemeiner Enthüllung ebenso einseitig wie unbedacht. Denn Wände und Ohren sind äußerst hellhörig, dass nicht nur eine im Rausch von Rudolfs Walzer und seiner Vision des glutroten Sonnenuntergang von Neapel schwelgte, kann in der angespannten Situation nicht verborgen bleiben.

Die dramaturgische Grundkonstellation der Handlung scheint freilich mit den Jahren der Aufführungspraxis ziemlich verschoben: In den Besetzungen des viel gespielten Stücks wurden aus ältlichen Scheinjungfern handfeste Weibsbilder im besten Alter, die Diener hingegen immer klappriger, so dass der Gedanke, sie könnten ihre jeweiligen Herrschaften beerben, eigentlich immer absurder erscheinen muss.

Kubes Inszenierung hält da noch die Mitte, denn Quaas‘ Rudolf ist so zäh wie eloquent, lässt sein Temperament mit jedem Fünkchen Hoffnung geradezu aufflammen. Etwas derb, aber sehr differenziert und präzise in seinem körperlichen Spiel, über den pointierten komplizierten Wendungen des Textes stehend, freilich nur in Ansätzen, in unvermittelten Wendungen mal preußisch stramm. Den Damen geht das Preußische, das anmaßend Bürgerliche, die aufgetragene Distanz zum Domestiken weitgehend ab, sie zitieren das alles nur noch und haben es damit eher schwerer, eine glaubhafte Fiktion zu erzeugen. Auch Verjüngung geht auf Kosten von Profil, hin zum Klischee einer als ausgestorben geltenden Spezies von Frauen, die nur heimlich Befriedigung finden können oder dürfen. Clementine (Huimann) erscheint als manierierte, fast noch jugendliche Nymphomanin die gefährlichste, Cäcilie (Teickner) mit ihrem Kavallerie- und Offizierstick die nervigste, ansonsten eher Durchschnitt, Charlotte (Kaupert) als praktische, resolute Geschäftsfrau am gegenwärtigsten, obwohl oder weil sie hier längst nicht mehr alles souverän im Griff hat. Zur Not geht sie aus rein praktischen Gründen über Leichen, stellt sich freilich so plump an, dass Rudolf eine vermeintlich glänzende Idee kommt – die ihn, der alles so schön eingefädelt hat, am Ende im Übermut selber zu Fall bringt. Da hilft es auch nichts, wenn man sich in später Einsicht gegenseitig versichert, alles sei nur Spaß gewesen. Die Macht guter Worte versagt. Wechselnde Leidenschaften, unkontrollierte Bedürfnisse, die unbedingte Verachtung der jeweils anderen sozialen Stellung oder Schicht ergeben ein Gift, das letztlich zur simultanen Wirkung von Arsen und verdorbenem Fisch führt. Rudolfs letzte Reise führt vom Lichtschalter bis zum Vorhang, den er mit letzter Kraft zuzieht.

Viel Beifall für einen straff gefassten, unterhaltsamen Theatergenuss mit vielleicht etwas längerem Abgang.

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Mann über Bord – Trailer https://www.theaterkahn.de/blog/2016/mann-ueber-bord/ Fri, 20 May 2016 14:35:32 +0000 http://www.theaterkahn.de/blog/?p=747

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